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Johannes Traulsen

Freie Universität Berlin

Ästhetiken der Konsumierbarkeit

Bio

  • Studium an der Freien Universität Berlin
  • Fächer: Deutsch / Geschichte (Lehramt)
  • Arbeit als wissenschaftliche Hilfkraft für Prof. Dr. Ingrid Kasten und Prof. Dr. Jutta Eming
  • 2009: 1. Staatsexamen mit einer Examensarbeit über “Konstruktionen von Heiligkeit in der Literatur des Mittelalters”
  • Beginn der Promotion; geplantes Thema: Emotionalität und Religion in volkssprachlichen Heiligenlegenden des Mittelalters”
  • 2009-2010: Stipendiat der Graduiertenschule des Clusters “Languages of Emotion”
  • 2010: Wechsel auf eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Jutta Eming (bis heute)

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Abstract

Der geplante Beitrag soll, ausgehend von aktuellen Theorien des Fremden (Waldenfels, Kristeva), die Editionspraxis der germanistischen Mediävistik des 19. Jahrhunderts in den Blick nehmen. Im Mittelpunkt werden dabei Überlegungen zum Verhältnis von Ästhetik, Fremdheit und Aneignung stehen.

Die gegenwärtige Forschung und Lehre der germanistischen Mediävistik arbeitet auch heute noch häufig mit Editionen aus dem 19. Jahrhundert. Dies gilt auch für Texte, die als wichtigste Werke der höfischen Klassik angesehen werden, wie Wolframs von Eschenbach ‚Parzival’. Diese Editionen geben den Text in einer normalisierten Form der mittelhochdeutschen Sprache wieder, die den Quellen nicht entspricht. Dabei stellt das Verfahren der sprachlichen Normalisierung nicht nur eine Vereinheitlichung dar. Vielmehr verleiht sie den Texten eine neue Ästhetik, die die spezifische Form des historischen Werkes verdrängt. Zugleich führt sie zu einer Kanonbildung, die bestimmte Vorstellungen mittelalterlicher Literatur formt und ein (homogenes) Bild der mittelalterlichen Kultur produziert. Die Normalisierung ist also nicht nur eine Technik des Verfügbarmachens, sondern stellt zugleich einen Akt der Aneignung, der Verdrängung, der Ein- und Überschreibung dar. Diese quasi kolonisatorische Funktion von Editionstechniken soll am Beispiel eines mittelalterlichen Textes beschrieben werden, um davon ausgehend zu allgemeinen Überlegungen über Normalisierungsprozesse im Kulturbetrieb zu kommen. Denn auch in anderen Feldern als dem literaturwissenschaftlichen findet das Konzept der Normalisierung als (vordergründig) technischer Vorgang Anwendung. Dies kann u.a. am Beispiel der digitalen Kompressionstechniken für Musik gezeigt werden. Auch diese beruhen auf Normalisierungsprozessen, durch welche die Frequenzbreite (das heißt die tonale Eigenart) von Musikaufnahmen auf ein „Normalmaß“ reduziert wird. Durch die Normalisierung werden die spezifischen Eigenschaften von kulturellen Artefakten und damit ihre Fremdheit reduziert oder sogar destruiert. Allerdings können diese Prozesse notwendig sein, um Inhalte überhaupt erst transportabel und kommensurabel zu machen. Der Begriff der Normalisierung soll so als Bezeichnung von Spannungsverhältnissen zwischen Technik und Ästhetik, zwischen Medium und Inhalt und zwischen Fremdheit und Aneignung am Beispiel der Edition eines mittelalterlichen Textes diskutiert werden.


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